Eine kleine Sauna -Geschichte.
Das erste Mal!
Ich und Sauna? Zwei Welten prallen aufeinander.
Als mein neuer Freund mir vorschlug, ihn in die Sauna zu begleiten,
war mein erster Gedanke, dem geht es wohl nicht schnell genug, mich ohne
Kleider zu sehen.
Ich und so ein Sündenpfuhl? Nein Danke!
Zwei Wochen hat er auf mich eingeredet, wie auf einen fußlahmen Gaul. Daß ich Probleme mit meinem Kreislauf habe, habe ich ihm entgegengehalten. Und dann soll ich in die Hitze? Mein Versuch, ihm das klarzumachen, scheiterte kläglich an einem Bericht, in dem über Herzinfarktpatienten berichtet wurde, die in der Rehabilitation zur Therapie die Sauna aufsuchen mußten. Dann versuchte ich es anders herum. Da muß man doch unter eiskaltes Wasser? Das vertrag ich nun aber wirklich nicht, da bin ich sofort verspannt und mein Orthopäde hat wieder eine Menge Arbeit! Als zu guter Letzt seine Schwester mich ebenfalls mit dem ständigen Gerede, komm doch mal mit in die Sauna, zu nerven begann, sagte ich schließlich zu. Aber erst mußte sie mir die Frage beantworten, ob sie denn auch noch in die Sauna ginge, da sie im achten Monat schwanger war, und dies nun wirklich nicht mehr zu verheimlich war. Klar, sagte sie mir, was Besseres gibt es doch für eine werdende Mutter gar nicht.
So, da war nun der große Tag. Badeschlappen hatte ich ja, und einen Bademantel auch. Nur mit dem Saunatuch tat ich mich schwer. Ich fand aber noch zwei gute Duschtücher, die würden für den Anfang allemal reichen. Und überhaupt, ob ich es wirklich mache? Meine Tasche war gepackt und ich wartete, daß ich abgeholt würde. Als ich in das Auto eingestiegen war, hatte ich das Gefühl, daß ich zur Schlachtbank gebracht würde. Kaum sah ich aus dem Autofenster, hatte ich schon den Eindruck, alle Leute draußen wüßten was ich vorhabe und starrten mich deshalb an. Mein Gott, wie sollte es erst in der Sauna werden.
Es ging in eine kleine privat geführte öffentliche Sauna.
Wie wir am Empfang vorbeikamen, weiß ich nicht mehr. Ich stand nur
auf einmal in der Umkleide und suchte nach den Umkleidekabinen, aber da
gab es keine! Panik!
Ein älteres Ehepaar schob sich an mir vorbei. Sie waren wohl kurz
hinter uns in die Anlage gekommen. Ihre Schränke hatten sie schnell
gefunden, nur fünf Türen weit von meinem entfernt. Wie selbstverständlich
zogen sich die beiden aus. Störte ich sie denn nicht? Zwischenzeitlich
war mein Freund bereits ausgezogen und stand nun im Bademantel neben mir.
Kommst du? fragte der Kerl leicht süffisant. Er hatte genau mitbekommen,
wie mich das ältere Ehepaar irritierte. Jetzt nur nicht noch mehr
auffallen. Umständlich quälte ich mich aus meiner Kleidung. Bevor
aber der BH und die Unterhose fiel, zog ich noch schnell den Bademantel
an. Etwas mühsam, nun behindert durch den Mantel, zog ich diese beiden
letzten Kleidungsstücke aus. Dies brachte mir Blicke der Umstehenden
ein. Spanner! Aber halt, warum schauten die eigentlich? Hier ist wohl alles
verkehrt herum. Wer nackt ist, fällt nicht auf, wer sich aber krampfhaft
bedeckt, der wird begafft. Ich hatte nun von der Umkleidekabine endgültig
die Nase voll und wollte nur raus. Als mein Freund vorschlug, erst mal
die Gastronomie aufzusuchen, bevor wir mit dem Saunieren beginnen wollten,
war ich ihm so unendlich dankbar.
Wie an einen Strohhalm klammerte ich mich an meinen Fruchtsaft, der
mit an der Theke serviert wurde. Es gab jetzt zwei Möglichkeiten,
entweder ich trank den Rest aus oder er trocknete ein. Für letzteres
war er mir zu teuer, also zügig herunter damit und ab in die Sauna.
Aber halt, erst mußten wir uns noch duschen. Hier waren zum Glück
die einzelnen Duschen abgetrennt. Aber der Weg dorthin, ohne alles, bei
all den fremden Leuten, war schon recht unangenehm. Jetzt konnten alle
meine Orangenhaut an den Oberschenkeln sehen. Und dass ich gerne esse,
wenn auch nicht gerade das Gesündeste, machte sich auch durch die
ein oder andere unvorteilhafte Wölbung meines Körpers bemerkbar.
Aber zu meinem Erstaunen nahm davon überhaupt keiner Notiz! Ja Leute,
seht ihr mich denn nicht? Ich steh doch hier, nackt, wie Gott mich erschuf,
außer meinem Schlüsselbändchen natürlich. Gerade dachte
ich noch, ich sei hier der Mittelpunkt, und alle liefen zusammen, um mich
zu begutachten. Nichts davon geschah. Ein ungeduldiger Blick traf mich,
ob ich denn nicht endlich mit dem Duschen voran machen wollte. Das war
alles.
In Gedanken reinigte ich mich unter dem herrlich warmen Wasser und
vergaß schon fast alles um mich herum. Dass ich mich jetzt nach dem
Duschen gut abtrocknen sollte, erklärte mir mein Freund, was ich damals
überhaupt nicht verstand. Ich tat es einfach und folgte ihm dann in
eine Saunakabine.
Ich trat ein. Das war die Hölle. Ich ändere mein Leben, sag
nie wieder schlimme Worte und bin ganz lieb, bloß laßt mich
hier raus. Ein Gluthauch strich über mich hinweg, raubte mir den Atem,
drang in meine Nase und drohte diese von innen auszuglühen.
Stocksteif blieb ich in der Kabine stehen. Die Tür fiel hinter
mir zu, jetzt war alles vorbei. Ich hatte eine schöne Kindheit. Die
Schule lief bei mir bis auf das eine oder andere mal recht prächtig
und die Ausbildung habe ich gerade mit Erfolg abgeschlossen. Mein junges
Leben wohl auch!
Fräulein, möchten sie sich nicht setzen? Ein alter Herr mit
schlohweißen Haaren rückte auf der mittleren Bank von den drei
Stufenbänken etwas nach rechts und deutete auf die Lücke, die
sich dabei an der anderen Seite neben ihm auftat. Was will der alte Kerl
bloß von mir? Aber mein Freund war ja auch da und viele andere auch.
Zögernd nahm ich also neben ihm Platz, nachdem ich dort mein viel
zu unhandliches Duschtuch ausgebreitet hatte. Mißtrauisch sah ich
zu ihm, da er mich kurz von oben bis unten musterte. Aha, so einer, ich
hatte also doch recht mit meinen Bedenken. Den Kampf wollte ich nun aufnehmen
und ihn mit strengen Blicken zurechtweisen. Diese trafen aber voll ins
Leere. Mit einem seligen Gesichtsausdruck war der alte Herr schon längst
wieder der Realität entrückt und genoß offensichtlich,
daß das Wasser nur so aus ihm hervorquoll. Noch schamhaft vornübergebeugt
versuchte ich in die Runde zu blicken, um die Beschäftigung der andern
Gäste zu erfahren. Einer lag auf der oberen Bank, andere saßen
oder hockten mit angezogenen Beinen ebenfalls auf der oberen Stufe bzw.
der mittleren.
Der erste große Hitzeangriff auf mich war abgeklungen. Jetzt
saß ich hier und spürte, wie sich die Wärme in mich bohrte,
und ich muß sagen, ich fand langsam Gefallen daran. Es war einfach
milder, als z. B. die Hitze aus dem Backofen oder vom Herd. Es war einfach
schön, wie mein Körper damit gestreichelt wurde. Wenn es nicht
verrückt klingen würde, würde ich sagen, ich stand kurz
vor einer Gänsehaut.
Ich vergaß Raum und Zeit um mich herum, bis ich plötzlich
gebeten wurde etwas Platz zu machen, da ein anderer Gast die Saunakabine
verlassen wollte und dazu an mir vorbei mußte. Ich war gar nicht
aufgeregt, aber mein Puls raste, und immer heftiger stieg in mir der Wunsch
hoch, jetzt in eiskaltes Wasser zu springen. Ich muß verrückt
geworden sein!
Ich gab meinem Freund ein paar Zeichen, die wohl recht hilflos wirkten,
aber zum Glück verstand er mich. Er stand auf und schnell verließ
ich mit ihm die Saunakabine.
Das hätte ich nicht von Dir gedacht, waren seine ersten Worte.
Du hast glatt neun Minuten ausgehalten.
Nur neun Minuten? Mir kam es wie einer Ewigkeit vor. Mir war soviel
durch den Kopf gegangen, daß er jetzt richtig aufgeräumt und
ich in einer guter Stimmung war. Mir war vieles klar geworden. Sonst habe
ich nie diese Ruhe gefunden. Aber jetzt schnell unter die kalte Dusche.
Selbst das Tauchbecken sah verlockend aus, doch für dieses Mal ließ
ich es aus, beim nächsten Mal werde ich es noch ausprobieren. Was
war das, beim nächsten Mal? Ich denke tatsächlich an ein nächstes
Mal, als ob es das Selbstverständlichste wäre. Ich war infiziert,
viel zu schnell ging die Zeit in der Sauna um. Als erstes werde ich mir
zwei vernünftige Saunatücher besorgen und mich dann auf den nächsten
Termin freuen.
Heute lache ich über mich und meine Ängste und will die Sauna auf keinen Fall mehr missen. Meine Freunde habe ich noch ein paarmal gewechselt, aber der Sauna bin ich treu geblieben. Und wer sie einmal richtig probiert hat, weiß warum.
Siegrid H.